Anreisetag

Dienstag, 24.10.2023

In Dienst gestellt 02. April 1912 gesunken in der Nacht 14./15.04.1912
...letzte (vorerst!) Nachricht aus dem Bruch (nicht Buch) ... hab mir eingeschifft … bin eingeschifft wurden? - wie auch immer ...der Junge muss an die „Frische Luft!“ … wenn du diese Zeilen liest, bin ich – hoffentlich (!) - schon auf Hoher See und schippere über den Großen Teich … Ja, und warum dann das Sinnbild einer Tragödie? Denk ich an Deutschland in der Nacht, bin ich nicht nur um den Schlaf gebracht, sondern erinnere an diese Katastrophe … seit Jahren benutze ich die „titanic“ als entsprechende Metapher und ich wollte die Emotionen nachempfinden, als Erwin mit seinem Pappkoffer in der einen und das letzte Ticket „Holzklasse“ in der anderen Hand die Gangway emporstieg, wenig später dann an der Reling stand und sein Heimatland möglicherweise auf Nimmerwiedersehen am Horizont verschwinden sah… ein kleiner Schritt für Reisende, ein Großer für mein EGO … bis denne - euer ewe co ...
aus dem ICE Richtung Hafen Warnemünde an Freunde per e-mail gesendet

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noch vor dem Frühstück etwas Politik – kann's noch nicht lassen… wieder tönt blanker Judenhass auf deutschen Straßen … doch diesmal nicht wie gewohnt von haar- und hirnlosen Neo Nazis, sondern von Menschen, die uns um Zuflucht baten, die wir nährten, gesund pflegten, die unsere Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft (aus)nutzten … Meinungs- und Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut … doch die TV Bilder dieser Tage und die lautstarken hasserfüllten Parolen zeigen aber auch die Grenzen der hochgelobten Demokratie … bin neugierig und gespannt zugleich, wie unseren Traumtänzern dieser Gang auf der Gillette gelingt – .. P.S. wie in jedem Krieg gelten auch in diesem die Worte von Lord Arthur Ponsonby nach dem 1. Großen Krieg – das erste Opfer im Krieg ist stets die Wahrheit...
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der nächste Stress ergab sich im ICE – mit großen Koffern vollgestopfter Zug ... und ich im falschen Wagen, wie mir die Jungs klar machten, als ich mich um den Platz streiten wollte ... also Hindernislauf über Menschen und Gepäck zum nächsten Waggon ... aber dort gab`s zwischen 127 und 130 keinen Platz mit No 28 obwohl alle um sitzenden Passagiere mit suchten … und wie ,sich bald im Gespräch herausstellte, viele mit gleichem Ziel: AIDA ... zum Glück war noch ein Platz frei ... ... bestimmt sah ich zu viele Filme aus dieser Zeit, denn ich hatte sofort die überfüllten Flüchtlingszüge der 30er Jahre vor dem geistigen Auge ... auch dieser hier hätte ein solcher sein können, voller Menschen, die den Untergang D`s erahnten, jedoch nicht den (möglicherweise) kommenden am „Eisberg“ … ich muss dieses Bild aus dem Kopf bekommen, um die Reise genießen zu können … habe meine vorerst letzte Honorar Rechnung abgeschickt und bin nun guter Dinge … zumal soeben die Nachricht von R. kam, dass es meinem besten Freund Kalle in der Klinik gut geht, rasierte sich und verlangte nach Zeitung...
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... kurz nach sieben am Abend … gut gegessen … nicht zu viel (!) ... als Single muss man(n) sich immer irgendwie an einen Tisch dazu setzen ... ich geh früh schlafen ... weil ich vergangene Nacht vor Aufregung kein Auge zubekam, bin ich hundemüde ... verpasse zwar damit das Auslaufen, doch es eh nur Sauwetter ... und dunkel ...

... hier steht, dass ich das Handy ausschalten soll, um Roaminggebühren zu sparen … doch dann kann ich mit meiner Familie nicht mehr über whatsapp kommunizieren???… das muss mir einer erklären..
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Kloschüssel
ich war gut eingeschlafen, bis mich gegen Mitternacht der Klabautermann mit eigenartigen Geräuschen weckte ... es knisterte und knackte in den Spannten ... das Schiff schwankte spürbar ... ich dachte, es täte mir gut ... also rauf auf`s Oberdeck, wo mir der Wind sofort den Hut vom Kopf fegte ... und ich wusste woher das Hin und Her vom Schiff kam ... für eine Landratte verdammt unruhige See ... ich irrte noch etwas durch die menschenleeren Gänge und kam gerade noch rechtzeitig in meine Kajüte ... da half auch keine Reisetablette mehr ... war zu spät … in hohem Schwalle ergoss sich der Mageninhalt und die bereitgehaltene Tüte drohte überzulaufen ... ich schaffte es noch bis zur Sanitärkeramik ... an Fortsetzung vom Schönheitsschlaf ist nicht zu denken und ich glaube, der Frühstücksraum wird heute morgen sehr übersichtlich sein ...

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