18ter Tag

Freitag, 10.11.2023

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7:30 Uhr Bord- = Ortszeit...Clara erwachte längst und steht schon hoch... ich beendete gerade mein Frühstück, wollte es ungewohnter weise, mal „salzig“ mit Wurst versuchen, war aber nicht mein Ding – sorry, die zwei Scheiben Schinken gingen wieder zurück und ich greife in alter Tradition zur Marmelade ... will noch etwas sitzen bleiben und den Tag langsam hochfahren – mein letzter an Bord ... Mr.Ma will sein unrühmliches Verhalten der jüngsten Vergangenheit vergessen machen und bläst zum letzten Gefecht ... und weil die Reederei mit mir und zahlreichen anderen verpflegungstechnisch massiv punktete , esse ich heute was das Herz begehrt bis die Schwarte knackt ... als Abschiedsdinner steht eine Martinsgans für schlappe dreißig Euronen auf meinen Wunschzettel – man(n) gönnt sich ja sonst NiX ... von den Nachbartischen höre ich – wie so oft – die Erzählungen erfahrener Kreuzfahrer über ihre Schnäppchen, bisherigen Ziele und beeindruckenden Erlebnissen ... ich vermute, drei Viertel der Passagiere an Bord sind Wiederholungstäter...Warum ich keinen Kontakt fand? - liegt wohl zum einen, dass ich nicht bewusst suchte und zum anderen, weil ich mir immer einen anderen Platz, oft auch ein anderes Restaurant wählte ...
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Gestern stellte ich mich noch einmal dem „Teufelsblatt“ ... war aber nicht MEIN Abend und das Glück mir nicht hold ... möge das Sprichwort vom „Pech im Spiel ...“ - für mich früher oder später einmal zu treffen...
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In wenigen Minuten laufen wir in den Hafen von Santa Domingo ein ... ich werde mir das Anlanden vom Oberdeck ansehen ... ansonsten sieht mein heutiges Programm im Groben wie folgt aus: mit karibischer Gelassenheit Koffer packen, den dann das Personal in der Nacht abholt...und für den Nachmittag ist eine Stadtbesichtigung geplant – die letzte Gelegenheit ein Foto der Serie „die OR geht um die Welt!“ zu schießen und an die Redaktion zu senden ...

santa domingo
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Ja, es kommt Wehmut auf, etwas anderes wäre gelogen... es heißt Abschied nehmen ... und es gilt all die Erlebnisse, Abenteuer, Erfahrungen sacken zu lassen...und dieses LOG Buch zum Abschluss zu bringen ...
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da es doch bis zum Einlaufen dauert, wie mir der im leuchtenden Weiß gewandete Offizier nach Blick auf sein Mobile soeben mitteilte, überlege ich, ob ich meinem Körper in der Sonne der Karibik auch noch einen Hauch von Schokolade gönne ...
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die letzte Chance einige Streicheleinheiten der karibischen Sonne dem dürstenden Körper zu gönnen – 9:00 Uhr und das FKK Deck ist noch recht locker belegt, was mich vermuten lässt, dass mehr prüde Rheinländer an Bord sind als die von Oder & Neiße, die mit dem Freikörperkult aufwuchsen ... es ist besser, du schließt die Augen, stellst dich schlafend oder blickst entrückt, andernfalls drohen erotische Albträume, wie von der 90jährigen Stripperin im Senioren Stift...'tschuldigung, kann nicht aus meiner Haut und ihr werdet mich auf meinen letzten Metern auch nicht mehr ändern können ...
Was nützt es, wenn wir uns in unserer Blase gegenseitig be-/verstärken, statt den Disput mit den Verblendeten zu suchen, mit denen, die dem Flötenspieler bereits blind folgen, mit den schlafenden Schlafschafen, um diese wach zu rütteln?? - Ein Fazit meiner Reise – möge es keins dieser berühmt, berüchtigten Versprechen am Neujahrsmorgen sein – ich will mich in Zurückhaltung üben – wen / was nützt es, sich über den drohenden Atomkrieg, über das möglicherweise veränderte Klima in einhundert Jahren das Hirn zu zermartern, an dem ich eh NiX ändern kann – die Bewohner von Istanbul, von San Francisco wissen von dem drohenden Erdbeben, doch sie leben und lieben in den Tag – die Einsicht stärker im HIER, Jetzt und HEUTE zu leben ... Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß! ... kam mir nach den erhellenden Vorträgen hier an Bord über Lebensqualität von einer Fachfrau ... den i-Punkt setzte dann die Lektüre vom Polit Thriller „Kanzler Komplott“ über den deutschen Wahlzirkus ...
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Blick aus dem Fenster – wir sind im Hafen von Santo Domingo – zeigt wie rasant sich ein Unwetter nähert, sich entlädt und wieder verschwindet – ist wohl typisch in den Tropen ... (?)
Domingo 2
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mein erstes Bier seit Tagen der aufgezwungenen Enthaltsamkeit – und wundersam: es schmeckt mir nicht, was für einen Gewohnheitsbiertrinker etwas heißen mag ...
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Neben mir erzählt wieder einer dieser alternden Globetrotter, dass er mit Frau bereits alle Länder Europas, selbst die Sowjetunion, bereiste, bis mit dem Fall des Eisernen Vorhangs weitere hinzu kamen ... jetzt erkundet das Paar seit Jahren die Welt...
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„kleiner Freund“ – Nomen est Omen – dies als humoristische Ergänzung zu dem Eintrag über meinen ersten Besuch auf dem FKK Deck
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es bereitet Freude einer jungen offensichtlich sehr harmonischen Familie gegenüber zu zu schauen und den Kleinen (4/5?) beim Essen zu beobachten – erinnert mich als unser in dem Alter war – er strahlt innere Ruhe und Zufriedenheit aus ...
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In der Hoffnung, dass der Regen endete, ging ich jetzt zu den Bussen für meine Tour ...
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zurück vom Ausflug: zwei Stunden durch – aus Germansicht – chaotischer Rush Hour einer vier Millionen Stadt, will ich gleich die ersten Eindrücke festhalten – zum Glück fand ich Platz – an der Quelle saß der Knabe - direkt hinter dem „Reiseführer“, wie er sich vorstellte ... er lernte deutsch als Autodidakt und war verständlich, seine Schwester mit einem Deutschen verheiratet, wenn ich's richtig verstand ... was auffiel waren die zahlreichen unvollendeten Hochhäuser ... so zum Beispiel ein gewaltiger Hotelkomplex im Rohbau, der - so die Ansage - seit drei Jahrzehnten als Bauruine die Stadtlandschaft verunstaltet ... soll als Folge einer Enteignung entstanden sein ... doch es war nicht die einzige Fehlinvestition in Betongeld ... ich denke, ein Beispiel, wenn ein Entwicklungsland vom technischen Fortschritt überrannt wird und die Infra Struktur nicht folgen kann ... Fahrzeuge ohne Ende, doch kaum Leiteinrichtungen wie z.B. Ampeln...alles funktionierte nach „Good will“ und so sind Stau's vorprogrammiert ... Müllabfuhr schien auch nicht in allen Vierteln zu funktionieren, besonders im Umfeld städtischer Sozialwohnungen nicht ... 40% der Bevölkerung leben von staatlicher Unterstützung ...interessant auch die Aussage, dass chinesische Händler den Markt überschwemmen und die Einheimischen zu deren Ärger verdrängen – wie ja bekannterweise auch in anderen lateinamerikanischen aber ebenfalls afrikanischen Ländern ... eine moderne Form der Kolonialisierung ... (?) ... für das monumentale „Kreuz des Kolumbus“, das einst per Laser gewaltig in den Nachthimmel strahlte – Orientierung für Et's? - war die Stromversorgung auf Dauer nicht gesichert ... sprach der Führer
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Jetzt geh ich mich erst einmal erkundigen, ob ich für mein Abschiedsdinner einen Platz reservieren muss ..
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ach – Alfred !! - erneut einer Fehlinformation aufgesessen – nee, nee net aufgesessen – nicht richtig gelesen ... die „Martinsgans“ – auf die sich meiner schon echt freute – kommt – wie's gans auch anders sein – am „Martinstag“, ergo am 11.11. und da ist der Alfred schon auf und davon, schwebt über Wolke 7 ... schade, bedauerlich, traurig – dann bleibt nur: meinen eingeschmuggelten Flachmann tröpfchenweise leeren und so die Stimmung aufhellen ... ...

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